Wildhauser Schafberg – “Die vergessene Wand”

Mehrere hundert Meter hohe Felswände
Ob vom Westallgäu oder vom Bodensee, schon von weitem kann man den frei stehenden und hoch aufragenden Säntis mitten im Alpsteingebirge erkennen. Hinter ihm erstreckt sich eine herrliche Landschaft mit vielen Seen und lieblichen Alpweiden. Eingelagert ragen teilweise mehrere hundert Meter hohe Felswände in die Höhe, dessen Schrattenkalk nicht immer gut ist, dennoch an einigen bevorzugten Kletterbergen teilweise hervorragende Qualität aufweist.

Die höchste Wandflucht
Mit ca. 350 Metern ist die Steilplatte des Wildhauser Schafberges die höchste Wandflucht an den Bergen rund um den Säntis. Ein bemerkenswertes Kapitel neuzeitlicher Klettergeschichte im Alpsteingebirge findet hier seinen Ursprung. Lange Zeit kümmerte sich so gut wie niemand um diese außergewöhnliche Plattenwand. Erst als die Entwicklung der internationalen Freikletterbewegung auch in der Schweiz Einfluss auf die klettersportlichen Aktivitäten der modernen Erstbegeher nahm, begann Anfang der achtziger Jahre ein wahrer Run auf die Wand.

Gewagte Unternehmungen
Routen wie der „Aspirantenweg“ waren damals gewagte Unternehmungen für Spezialisten des alpinen Sportkletterns und eine große Herausforderung mit hohem Bekanntheitsgrad.
Nachdem die klassischen Linien durch Risse und Verschneidungen begangen waren, traute man sich immer mehr in die steilen und kompakten Plattenfluchten.
„Die Galoschen des Glücks“, der „Alpsteinhammer“ oder „Allerleirauh“ sind Zeitzeugen einer kühnen Erstbegehergeneration mit viel Moral und hervorragender Technik. Auf Bohrhaken wurde so gut es ging verzichtet oder nur dann zurückgegriffen, wenn in den kompakten Platten kein Normalhaken, Keil oder Friend mehr zum Einsatz gebracht werden konnte. Ein anderes Argument war das langwierige Anbringen der Expansionshaken von Hand, da man Akkubohrmaschinen in Bergsteigerkreisen noch nicht nutzte.

Kein Wasser kein Mond
In „Kein Wasser kein Mond“ (7a, 6c+, 7c, 7b+) aus dem Jahre 1985 fand diese Phase ihren vorläufigen Höhepunkt. Die Route, im klassischen Stil von unten mit Bohrhaken (von Hand) eingerichtet, gehört heute noch zu den wirklichen „Extremklassikern“ in den nördlichen Kalkalpen. Wer sich in einer Mehrseillängenroute den 9. Grad (7c) zutraut, der darf dieses Testpease nicht auslassen. Denn nur oben ankommen ist schon ein Meisterstück. Die Rotpunktbegehung von „Kein Wasser kein Mond“ ist immer noch ein absolutes Highlight für die besten Sportkletterer der jetzigen Generation.

Anspruchsvolle Wege
Der große Ansturm von früher ist vorbei, da der Anspruch auf Grund geänderter Sicherheitsmaßstäbe heutzutage anders eingeschätzt wird. Kaum mehr wagt sich jemand in die kühnen und technisch anspruchsvollen Wege. Doch der „Plaisiergedanke“ und die „neuzeitliche Absicherung“ hinterließen aber auch hier ihre Spuren. Es gibt sanierte Klassiker und neue Linien die mit Edelstahl Schwerlastankern oder Klebehaken ausgerüstet sind. Trotzdem darf man ein paar Friends, Keile und Schlingen nie vergessen, da das Verständnis eines sanierten Kletterweges  hier am Schafberg anders gewertet wird als z. B.  in vielen Routen der Tannheimer Berge (Tirol).

Ein eindrückliches Erlebnis
Auf Grund der niedrigen Höhenlage kann man in der Regel von voralpinen Verhältnissen ausgehen. D. h. im Frühjahr und nach Regen ist der Fels rasch trocken und herrlich warm. Nur die oft zwischengelagerten Graspolster bieten eine gute Saugfläche für Feuchtigkeit und werden dadurch zu unangenehmen Hindernissen wenn man nach dem Betreten auf Reibung weiterklettern muss.
Alles in allem ist der Wildhauser Schafberg auch heute noch ein landschaftlich wie klettertechnisch eindrückliches Erlebnis. Man sollte sich nur, dem Niveau entsprechend, die richtige Route aussuchen.