Hatun Machay – Sportklettern in den Anden

Als wir vor rund einem halben Jahr unsere Planungen für die Reise nach Peru zum alpinen Fels- und Eisklettern konkretisierten, entdeckte ich zufällig im Internet einen Bericht über das Sportklettergebiet „Hatun Machay“, ca. 60 Kilometer von Huaraz entfernt. Zuerst überflog ich die Beschreibung nur, da unser Fokus auf hohe Eiswände gerichtet war. Doch je mehr ich mich damit beschäftigte, umso größer wurde die Neugier…

Besser sich in einem abseits gelegenen Sportklettergebiet zu akklimatisieren, als auf  irgendwelchen Hochflächen herumwandern, schlug ich Niels nach eingehendem Studium vor.

 

In Huaraz angekommen, suchten wir nach brauchbaren Informationen wie Hatun Machay am einfachsten erreichbar ist und was uns dort erwarten würde. Bei der Agentur „Andean Kingdom“ gab es Antworten. Die netten Leute beschrieben uns mit ausschweifenden Schilderungen ihren neuesten „Sportkletter-Hot Spot“. Etwas skeptisch nahm ich die Begeisterung wahr und hoffte, dass der Unterschied zwischen Traum und Wirklichkeit nicht all zu weit auseinander liegt. Denn noch nie zuvor hörte oder las ich von den doch so herrlich beschriebenen Sportkletterfelsen in Peru.

Mit einem Kleinbus ging es am nächsten Tag über endlose Schotterwege auf die fast unberührte Hochfläche. Ein netter Peruaner empfing uns an einer Berghütte im Alpenstil und erklärte uns mit Händen und Füßen (der spanischen Sprache waren wir nicht mächtig), welche Regeln es im Gebiet zu beachten gibt. Schnell bezogen wir den Zeltplatz, packten unsere Rucksäcke und wanderten gespannt zu den vor uns liegenden Türmen mit einer beeindruckenden Struktur. Schon der erste Felskontakt ließ das Klettererherz höher schlagen. Herrlich griffige Strukturen, eine gute Absicherung und viel Sonne war genau das, was wir uns wünschten. Die Erzählungen in Huaraz waren glücklicherweise doch  keine Übertreibung. Begeistert erkundeten wir Route für Route in dem märchenhaft aussehenden Felsenreich auf 4300 Meter.

Am Abend saßen wir am Kaminofen in der netten Berghütte und beschlossen, dass der Aufenthalt auf drei Klettertage verlängert werden muss, obwohl sich bereits die Höhe mit leichtem Kopfschmerz bemerkbar machte. Doch nicht nur das. Schon untertags war der verminderte Sauerstoffpartialdruck in den bis zu 30 Meter langen Ausdauerrouten sichtlich spürbar.

Ziemlich kraftlos und müde verließen wir am Abend des dritten Klettertages Hatun Machay und waren gespannt, ob nun die hohen Berge über 6000 Meter unsere Erwartungen ebenfalls übertreffen werden.

Nach vier Sechstausendern und einem Bigwall auf 5500 Meter in etwas mehr als zwei Wochen war unsere Motivation für die hohen Eisgipfel gestillt. Doch statt uns gemütlich auf die  Heimreise vorzubereiten, konnten wir es uns nicht nehmen lassen, nochmals die  Märchenfelsen zu besuchen. So schloss sich der Kreis wie wir ihn begonnen hatten. Mit herrlichem Fels, viel Sonne und schönen Begegnungen mit netten Menschen.
Stand: 2010