Rote Platte – „Zone 40“
Die Rote Platte im Lechtal ist eigentlich keine Platte, sondern nach Norden hin ein markanter und ausgesprochen abweisender Felsturm. Dieser fiel bereits in den sechziger Jahren dem Allgäuer Spitzenkletterer Peter Hehl ins Auge. Seine Versuche endeten aber wegen zu kompaktem und überhängendem Gestein in Wandmitte. Akku-Bohrmaschinen kannte man zu dieser Zeit noch nicht. Nach diesem kurzen Intermezzo konnten wieder Gämsen und Dohlen ihr Felsenreich für mehr als 30 Jahre alleine beanspruchen.
Die gegenüber liegende Südwand der Freispitze war ein begehrteres Ziel für moderne Sportkletterer und wurde oft besucht. Erst nach dem viele schöne Routen erschlossen waren, machte sich der bekannte Alpinist und Alpinkletterer Rainer Treppte an den abweisenden “Zapfen”. Heraus kam eine beeindruckende Linie, die immer noch zu den schönsten Routen im gesamten Lechtal und darüber hinaus zählt. Dies war zugleich der Startschuss für einen wahrlicher “Erstbegehungsrun” auf die hoch gelobte Wand. An vorderster Front dabei sicherlich die Bergführer Wolfi Hofer und Dieter Elsener, die in den darauf folgenden Jahren mit großem Engagement lohnende “Kletterperlen” hinterließen.
Auf Grund der Abgeschiedenheit und des verhältnismäßig langen Zustiegs wurde weder die Freispitze noch der “Hehlzapfen” zum viel besuchten Klettereldorado. Wie schön, dass es so etwas noch gibt…
ROUTENINFOS
Gebirge:
Lechtaler Alpen (Österreich)
Gipfel:
Rote Platte, 2518m
Anfahrt:
Von Reutte in Tirol in Richtung Lechtal bis zum Ort Bach.
Zugang:
Von Bach im oberen Lechtal mit dem Fahrrad ins Madautal.
Beim Gasthof Post in Bach links abbiegen. Danach erkennt man bereits die ersten Parkplätze. Trotz Durchfahrtverbot ist es meines Wissens geduldet mit dem Auto das schmale Sträßchen bis zur Höhe 1171m weiter zu fahren. Bei einer kleinen Kapelle befinden sich die letzten Parkplätze, ohne dass man Gefahr läuft Strafe zahlen zu müssen. Nun mit dem Mountainbike den gesperrten Weg ins Madautal bis zum Ende folgen. Bei der Materialbahn zur Memminger Hütte ist dann endgültig Schluss. Vom Ort Bach bis Materialseilbahn ca. 1,5 Stunden mit dem Fahrrad.
Jetz zu Fuß über die Brücke und dem Wanderweg 601 auf der von unten gesehen linken Talseite bis zum Beginn der Schlucht folgen. Hier überquert man den Bach wieder auf die von unten gesehen rechte Seite (Holzbrücke). Jetzt geht es steiler werdend bis unter die große Felswand. Bei der Weggabelung rechts in Richtung Ansbacher Hütte bzw. Schafgufel abbiegen. Dieser Weg ist auch teil des E4 Fernwanderweges. Schnell erkennt man die leuchtende Südwand der Freispitze rechts und den großen Turm (Hehlzapfen) der Roten Platte links.
An der schönen Schafgufel angekommen, biegt man rechts ab ins Parseier Gries. Hier folgt man anfangs noch guten Steigspuren bis sie sich im oberen, gerölligen Teil immer mehr verlieren. Der Einstieg ist schnell erkennbar.
Gesamtzeit vom Auto-Parkplatz bis zum Wandfuß ca. 2,5 bis 3 Stunden, sofern man ein Mountainbike benützt.
Route:
„Zone 40“
Kletterlänge:
Ca. 250m – 8 SL
Schwierigkeitsbewertung: Siehe angehängtes Topo von Wolfi Hofer.
Im aktuellen Panico Führer “Lechtaler Alpen” wurden ein paar Seillängen um einen viertel Grad abgewertet. Jetzt kann jeder für sich selber entscheiden, welche Schwierigkeit subjektiv angemessen erscheint.
Exposition:
Nord
Charakteristik:
Hervorragender Fels in einsamer und beeindruckend schöner Umgebung. Die Kletterei ist nicht sehr technisch, dafür dementsprechend ausdauernd.
Felsqualität:
Meist guter bis sehr guter Hochgebirgskalk. An manchen Stellen kann dennoch das ein oder andere Grifflein/Trittlein bei ungünstiger Belastung wegbrechen.
Absicherung:
Mit Edelstahl-Schwerlastankern dem Schwierigkeitsgrad entsprechend gut abgesichert. Cams/Frieds und Keile sind nicht notwendig.
Abstieg:
Am besten über die rechts daneben liegende “Zone 90” abseilen.
Auf Grund des langen Zustiegs an einem Tag incl. Anfahrt vom Allgäu aus, drehten wir nach den schwierigen Seillängen um und seilten über die Route ab. So konnte ich meinen verschenkten Rotpunktdurchstieg nochmals in Angriff nehmen. Das Abseilen ist war zwar möglich, aber auf Grund der überhängenden und quer verlaufenden Linie nicht ganz optimal.
Tipp: Neben der Wand befindet sich ein Biwakplatz. Fließend Wasser ist meist in unmittelbare Nähe vorhanden.
Eine Übernachtung an der im Sommer bewohnten Schafgufel ist nicht erlaubt, da unangenehme Kletterer mehrfach Müll und einen Saustall in dieser privaten Einöde hinterlassen hatten. Der Schäfer ist seit dem nicht mehr gut auf “Alpinisten” anzusprechen.
Bei kalten Temperaturen kann das Ausweichen auf eine der schönen Südwandrouten an der gegenüber liegenden Freispitze empfohlen werden.
Bei einem Unfall dürfte eine organisierte Rettung wegen fehlendem Handykontakt schwierig zu organisieren sein.
Prädikat: Trotz langem Zustieg sehr empfehlenswert!
Führermaterial:
Lechtaler Alpen erschienen im Panico Verlag.
Weitere Routen-Infos:
Wolfi Hofer