Klettern am Chli Glatten
Chli Glatten – Klausenpass
Gleich oberhalb des Klausenpasses im Glarner Land steht die Riesenmauer des Chli Glatten. Der kurze Zustieg zu den südseitig ausgerichteten Felswänden mit einer Höhe von rund 200 Meter lockt schon mehr als 50 Jahre alpine Sportkletterer hier herauf. Herrlich steiler und griffiger Fels verspricht meist schöne Kletterei. Doch Vorsicht, denn ab und zu trügt der Schein. Es gibt auch weniger empfehlenswerte Bereiche der Wand.
Sky Line 7a+
Eigentlich hatten wir uns mit der „Sky Line“ eine eindrucksvoll steile und athletische Route erhofft. Der Name wie auch die auch die ansprechende Routenlinie ließ dies zumindest vermuten. Leider war dem nicht so.
Bereits der Weg zum Einstiegssockel durch steiles Gras und Schrofen war nicht sonderlich erquickend. Am Fixseil angekommen, entdeckt man beim Blick in die Wand alte Normalhaken, verrottete Sanduhrschlingen und Bohrhaken verschiedenster Art. Die Suche nach dem richtigen Start wird zum Lotteriespiel.
So stellten wir nach der ersten, staubigen Seillänge fest, dass wir auf dem falschen Weg waren. Nur ein waghalsiger Quergang brachte uns dann auf den richtigen Pfad der „Himmelslinie“. Doch auch hier wurde die Felsqualität nicht sonderlich besser. Erst in der fünften von sechs Seillängen kam wirklich Spaß auf. Leicht überhängender, vom Wasser zerfressener Fels bot das, was wir uns eigentlich erhofften.
Die letzte und zugleich Schlüsselseillänge sah spektakulär überhängend aus. Man könnte vermuten, dass hier absolute Kraftausdauer gefordert wird. Doch weit gefehlt. In einer rechts- links Schleife wird das weit ausladende Dach geschickt umgangen. Knifflige und technisch anspruchsvolle Kletterstellen folgen hintereinander. Die kleinen Leisten in einer wenig strukturierten Wand fordern eher Maximalkraft als Ausdauer, so dass die Bewertung mit dem Grad 7a+ unserer Meinung nach äußerst hart und nur schwer nachvollziehbar ist. Wer diese Seillänge im on sight schafft, dem zolle ich großen Respekt. Doch das ist nicht alles, denn am Ende der Boulderpassage wurde eine Bohrhakenlasche entfernt, weswegen die nächsten Meter im brüchigen Überhang die obligatorische Schlüsselstelle der gesamten Route darstellen. Zugleich könnten herabfallende Steine den direkt unterhalb liegenden Standplatz gefährden. Der Rest zum Ausstieg ist dann wirkliche Henkel Kletterei an weiterhin nicht sehr vertrauenswürdigem Gestein.
Anmerkung:
Bei der Dose für das Wandbuch fehlt der Deckel.
Fazit:
Würde man die Route im oberen Teil von unsicheren Gesteinsbrocken befreien und ausputzen, die Bohrhakenlasche wieder einschrauben und am Einstieg den Namen anschreiben, wäre sie sicherlich etwas interessanter als im jetzigen Zustand.
Ich würde der Route „Sky Line“ im jetzigen Zustand zwei Sterne von möglichen fünf geben und die Schwierigkeitsangaben auf 7b/7b+ erhöhen.
„Poker“ 7b
Am nächsten Tag starteten wir einen zweiten Anlauf, um doch noch den oft so hoch gelobten Fels des Chli Glatten zu entdecken. Mit der Route „Poker“ am Pfeiler rechts der „Sky Line“ trafen wir dann auch wirklich ins “Schwarze”.
Herrlich vom Wasser zerfressener Fels mit sauberen Griffen und hervorragender Absicherung lassen das Kletterherz höher schlagen.
Bereits am Beginn des Pfeilers weist eine schön bemalte Steintafel auf „Poker“ hin. Doch danach verwirrten uns beim Klettern in der ersten Seillänge mehrere unterschiedliche Haken Typen. Ein roter Pfeil, bei dem von unten nicht ganz ersichtlich ist zu welchem Weg dieser gehört, machte die Sache im ersten Moment nicht einfacher.
Es ist es ein bisschen schade, dass im Gebiet des Chli Glatten übermäßig viele Routenlinien eingebohrt sind. Denn dadurch verschwimmt die Eigenständigkeit der Kletterwege in einem unübersichtlichen Bohrhakennetz. Manchmal wäre vielleicht etwas weniger auch etwas mehr, so dass der Unterschied zwischen Alpinklettern und Klettergarten erhalten bleibt.
Unser Vorschlag: Die Einstiegsseillänge von „Kamasutra“ 6c benützen.
Ab der zweiten Seillänge wird die Wegfindung dann deutlich einfacher. Schöne Kletterpassagen in wirklich gutem Fels lassen Freude aufkommen. Die Schlüsselseillänge wird in verschiedenen Führern mit 7a+ bzw. 7b angegeben. Ich denke, zwischendrin ist o.k. Sie fordert einen beherzten Kletterstil an Auflegergriffen mit interessanten Zügen, welche aber gut nachvollziehbar sind. Danach wird die Kletterei etwas leichter, aber nicht schlechter. Bis zum Schluss lohnt sich jeder Meter.
Oben angekommen, gibt es ein Wandbuch, das leider schon seit 2011 voll ist. Das könnte für „Qualität“ sprechen. Denn scheinbar hat sich schnell herumgesprochen, wie schön die Routen an diesem Pfeiler sind.
Vom letzten Stand ist die Abseilpiste (nicht über die Route) bestens markiert und eingerichtet.
Fazit:
Bei Poker haben wir ins „Schwarze“ getroffen. Von maximal fünf Sternen würde ich vier vergeben.